Der Vorsitzende unserer IG Metall hat gegenüber der Presse die „4-Tagewoche als Option“ mit einem „gewissen Lohnausgleich“ in die Diskussion gebracht. Es sei dahingestellt, ob diese Vorgehensweise einer „Beteiligungsgewerkschaft“ angemessen ist. Bei vielen Funktionärinnen und Funktionären wurde jedenfalls die Vorfreude auf eine in die Gesellschaftspolitik eingebettete Tarifauseinandersetzung geweckt. Das erinnert an den Kampf um die 35-Stundenwoche. Anders als dort, zielt der Vorschlag aber nicht auf eine tariflich geregelte, kollektive Verkürzung der Wochenarbeitszeit. Er scheint darauf zu zielen, betrieblich und im Einvernehmen mit den Arbeitgebern – wenn Kurzarbeit nicht mehr möglich ist – im Wege einer Betriebsvereinbarung die Arbeitszeit weiter zu verkürzen.
Dann wäre der Vorschlag keinesfalls mit einer Tarifauseinandersetzung verbunden, die sich, wie es aber erforderlich ist, an gesellschaftliche Grund- und Zukunftsfragen heranwagt. Zusätzlich wäre die Chance vertan, auch damit die Mitglieder-Bindekraft unserer IG Metall zu stärken. Dies ist aber noch nicht ausgemacht. Die entscheidenden Fragen lauten: Wird die Möglichkeit der Arbeitszeitverkürzung erzwingbar gemacht? Wie wird der Lohnausgleich der Höhe nach ausgestaltet? Wird die Tarifauseinandersetzung in ein Transformationskonzept eingebunden und damit gesellschaftspolitisch aufgeladen? Nicht zuletzt: Wie hoch fällt die Lohnerhöhung aus?
Die Tarifrunde 2021 wird uns vor große Aufgaben stellen:
- Die Aufgaben zur Gestaltung der „großen Transformation“ sind weiterhin ungelöst. Im Verhandlungsergebnis der M&E-Tarifrunde 2020 wurde vereinbart, diese „Fragen, insbesondere zur Bewältigung der Digitalisierung / Energiewende / Mobilitätswende“ in die Themen der nächsten Tarifrunde aufzunehmen
- Es ist zu erwarten, dass im Frühjahr 2021 die wirtschaftliche Situation vieler Betriebe unserer Branchen noch schwierig sein wird. Kurzarbeit, drohende Entlassungen, Betriebsschließungen, Verlagerungen, Insolvenzen, hohe Arbeitslosigkeit werden Themen sein, die uns beschäftigen. Es braucht eine breite gesellschaftliche Unterstützung des Tarifkampfes. Diese können wir erreichen wenn wir mutig an gesellschaftliche Grundfragen herangehen, die die Menschen bewegen. Die Forderung nach Arbeitszeitverkürzung auf vier Tage in der Woche zur Arbeitsplatzsicherung und zum Abbau von Belastungen ist ein solcher guter Schritt.
Wir fordern vom Staat:
- Staatliche Stützung für Betriebe nur bei dauerhafter Einflussnahme der Gesellschaft und der Beschäftigten auf die Firmenpolitik. Ausweitung von Investitionen im öffentlichen Sektor. Qualifizierungsangebote für Beschäftigte, deren Arbeitsplatz gefährdet ist.
- Senkung der gesetzlichen wöchentlichen Höchstarbeitszeit auf max. 40 Stunden.
- Ausweitung der Kurzarbeit auf mindestens 24 Monate und KuG i.H.v. 80/87 Prozent ab dem ersten Monat der Kurzarbeit.
In der Tarifrunde wollen wir erreichen:
- Die Möglichkeit zur betrieblichen Verkürzung der Arbeitszeit auf 4 Tage in der Woche mit Lohnausgleich zur Sicherung der Beschäftigung. Diese Arbeitszeitverkürzung soll im Streitfall auch gegen die Kapital-Seite durchsetzbar sein. Der Zeitraum soll dabei gegenüber bisherigen Regelungen verlängert werden, der Ausspruch betriebsbedingter Kündigungen soll gegenüber den von der Verkürzung Betroffenen ausgeschlossen sein.
- Stufenplan für die ostdeutschen Tarifgebiete zur 35-Stunden-Woche
- Die Personalbemessung soll der Mitbestimmung des Betriebsrats unterliegen.
- Möglichkeit, per Tarifvertrag Investitionen in Zukunftsprojekte im Rahmen der erforderlichen Transformation zu vereinbaren. Auch dies soll im Konfliktfall gegen den Widerstand eines uneinsichtigen Unternehmers durchgesetzt werden können.
- Eine tarifliche Zuzahlung zum Kurzarbeitergeld, wie in Baden-Württemberg.
- Eine spürbare Erhöhung der Tarifentgelte.
Vorbereitungskreis Offensive Gewerkschaftspolitik, August 2020